Der Wald als Klassenzimmer

Tipps zum Lernen, Erleben, Entdecken
Wald als Klassenzimmer

Der Wald ist ein magischer Ort voller Geheimnisse und Abenteuer. Er bietet Kindern eine einzigartige Umgebung, um zu spielen, zu lernen und zu wachsen. Abseits von Bildschirmen und kargen, lieblosen Spielplätzen eröffnet er eine Welt voller Möglichkeiten: Die Phantasie wird angeregt, die Kreativität auch und die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung der Kinder wird gefördert. 

Wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, dann ist man so richtig tief drinnen. Da, wo sich unter dem Schutz eines dichten Blätterdachs wahre Entdeckungsreisen erleben lassen, wo es nach Moos, Pilzen und Harz duftet und die Baumkronen rauschen. Der Wald ist nicht nur ein Ort der Sinneserfahrungen, sondern auch ein natürlicher Spielplatz mit richtig viel Raum für Bewegung. Beim Klettern auf Bäumen, beim Balancieren auf Baumstämmen, dem Zupfen von Beeren oder dem Springen über Bäche werden nicht nur die motorischen Fähigkeiten geschult, sondern auch das Selbstbewusstsein gestärkt. 

Einfach mal die Schuhe ausziehen und barfuß über die Wurzeln und das Moosbett laufen – das geht besonders gut auf speziellen und kostenlosen Barfußpfaden wie dem kleinen im Walderlebniszentrum Tennenlohe oder einem größeren auf dem Rundweg zwischen Stockheim und Enderndorf am See. Auf dem fast zwei Kilometer langen Weg gibt es zahlreiche Stationen wie die Wackelfüße, das Moorbecken oder einen Teich mit Waldquellwasserzufluss. Werner Eitel von der Tourist-Information der Stadt Spalt liegt am liebsten in den Himmelschwingliegen. „Ein echtes Highlight mit ihrem herrlichen Ausblick.“ (Noch mehr Tipps für euer Abenteuer im Wald in unserem Artikel "Erfahrungswald der Sinne".

Neben dem spielerischen Entdecken und Erfühlen bieten sich zahlreiche weitere Lernmöglichkeiten. Die Kinder können im Wald die Vielfalt der Natur hautnah erleben und ein tieferes Verständnis für Ökosysteme beziehungsweise die Lebensräume von Tieren und Pflanzen entwickeln. Sie werden unter dem Dach der Bäume zu neugierigen Forschern und Entdeckern. Hier können sie ganz andere Sinneserfahrungen machen, Fein- und Grobmotorik werden gefördert, die Körperwahrnehmung geschult … Barbara Langzeuner und ihre Kollegen vom Gunda-Fuchs-Kinderhaus in Nürnberg gehen regelmäßig mit den Kleinen in den Wald. „Die saubere Luft, der Duft der feuchten Erde, raschelnde Blätter und das Knarren der sich sanft mit dem Wind bewegenden Äste, das Vogelgezwitscher – die Kinder werden hier ruhiger, finden schneller zum Spiel, man merkt richtig, dass sie sich wohlfühlen und durch das ‚Freiheitsgefühl‘ auch andere Gefühle einfacher zulassen können.“

Aber natürlich ist es gerade an einem solchen Ort wichtig, die eine oder andere Regel zu kennen und auch einzuhalten. Man denke hier nur an das Balancieren auf aufgeschichteten Baumstämmen, das sehr schnell sehr gefährlich werden kann, oder an Pilze wie den Knollenblätterpilz, der ein Kind in wenigen Stunden töten kann. „Wir gehen in kleinen Gruppen mit mehreren Erziehern, bleiben immer zusammen. Früchte, Pilze, Blätter oder Blüten sehen wir uns gemeinsam mit Bestimmungsbüchern an und die Kinder dürfen sich auch mal handwerklich betätigen – aber natürlich nur mit ,Totholz‘.“ 

„Öffne deinem Kind die Augen für die Natur und es wird sich so vielseitig und zielstrebig entwickeln wie die Wurzeln eines Baumes“ (unbekannter Verfasser) Der Wald ist mehr als nur ein Ort zur Erholung und Entspannung. Er ist ein lebendiges Klassenzimmer, das Kindern wertvolle Lektionen über die Natur und deren notwendigen Schutz vermittelt. Und auch uns Erwachsenen tut es gut, mit den Kindern Zeit im Wald zu verbringen. Waldbaden oder Bäume umarmen – das kann man, muss man aber nicht. Denn es genügt schon, einfach ein bisschen mit den Kleinen durch den Wald zu streifen: die Stresshormone nehmen ab, der Blutdruck sinkt, entzündungsfördernde Stoffe verringern sich und unser Herz beruhigt sich. Oder wie schon der Philosoph Henry David Thoreau sagte: „Ich machte einen Spaziergang im Wald und kam größer heraus als die Bäume.“

Text: Simone Blaß, ELMA #28, Titelthema Wald

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