DER WALD

Kleine Kulturgeschichte
Der Wald

Er war und ist Projektionsfläche für Mythen, Märchen, Gruselgeschichten, Kitsch, romantische Überhöhung, Inbegriff von Erholung und Naturverbundenheit. Den Deutschen sagt man eine besondere Beziehung zu ihrem Wald nach. Kein Wunder, ist doch eine jahrtausendealte Geschichte damit verwurzelt.

Der Wald in Deutschland

Einen wahren Bäumekult zelebrierten schon die alten Germanen, sie verehrten sie als Sitz von Göttern und betrachteten sie als heilig. Und dann verhalf der Wald ihnen im Jahr 9 n. Ch. auch noch zum berühmten Sieg über ein übermächtiges Römerheer. Ein geschickt eingefädelter Hinterhalt zwischen Bäumen, der als Varusschlacht im Teutoburger Wald in die Geschichte einging. Als das Christentum begann, sich auszubreiten, wurde der germanische Götterglaube bekämpft. Bäume als Götzenbilder galten als sündhaft und böse, germanische Wälder wurden zum Schauplatz für Schauergeschichten und Mythen. Man denke nur an den Helden Siegfried, der in den finsteren Wald geschickt wird, um einen gefährlichen Drachen zu töten. 

ein mysthischer Ort

Okay, gefährlich waren die Wälder damals tatsächlich, schließlich lebten wilde Tiere und Räuber dort. Vor allem im Mittelalter empfanden die Menschen den Wald als unheilvoll, düster und gruselig. Eine komplette Kehrtwende in der Waldbetrachtung gab es dann ab Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der Romantik. Dichter und Maler überhöhten den Wald als heile Welt und Sehnsuchtsort. Auch viele Märchen der Gebrüder Grimm wie Rotkäppchen oder Schneewittchen sind in dieser Zeit entstanden, bekanntlich spielt der Wald darin stets eine besondere Rolle. Diese romantische Sichtweise war allerdings eher Sache von Künstlern und Intellektuellen. 

Wald als Lebensraum

Für die einfache Bevölkerung bedeutete der Wald vor allem Rohstoffe und Nahrung. Erst als die Industrialisierung voranschritt, wurde bei vielen Menschen auch aus der Arbeiterschicht der Wunsch groß nach Erholung in der Natur. Die Industrialisierung läutete zudem den Beginn der Forstwirtschaft ein, denn Holz wurde mehr und mehr gebraucht und man musste sich über den geregelten Anbau von Nachschub Gedanken machen. Die Nationalsozialisten nutzten den Wald politisch für ihre „Blut und Boden“-Ideologie, Stichwort Germanenkult und Deutsche Eiche als Symbol für das „Tausendjährige Reich“. Kitschig wurd’s in den Heimatfilmen der 1950er Jahre, wo die Wälder ewig rauschen, verschlagene Wilderer ihr Unwesen treiben, aber natürlich immer der gute und gutaussehende Naturbursche das Herz der schönen Maid gewinnt. Gleichzeitig waren diese Filme schon erste Werbeflächen für Waldtourismus. 

Den Wald schützen

Ganz anders in den Fokus der Deutschen gerückt ist der Wald ab den 80er Jahren, als Begriffe wie „saurer Regen“ oder „Waldsterben“ in den Schlagzeilen auftauchten und Naturschutz mehr und mehr an Bedeutung gewann. Inzwischen ist es der Klimawandel, der dem deutschen Wald zusetzt. Lieblingsort ist er bis heute – für Naturliebhaber, Wanderer, Sportler, Romantiker, Gruselfans … und für uns ELMAs!

Text: Manuela Prill, ELMA #28 Titelthema Wald

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