Digitale Medien

Verstehen statt verbieten

Alles verteufeln, was mit Medien zu tun hat? Warum? Das Digitale gehört inzwischen zu unserem Alltag, auch im Beruf – und Kinder müssen lernen, damit umzugehen.

Digital Natives

Das Spielen ist der Hauptberuf jedes Kindes. Damit lernt es – spielerisch – die Handgriffe und Tätigkeiten, die es später mal brauchen wird. Doch die wenigsten, die heute klein sind, werden, wenn sie groß sind, einen Tante-Emma-Laden führen, sondern stattdessen an einem – oder vielleicht bis dahin sogar schon gemeinsam mit einem – Computer arbeiten. Und sie werden dazu Kenntnisse brauchen und selbstverständlich nutzen, die die vor 1990 Geborenen sich mühevoll aneignen mussten. Vielleicht sollten wir uns als Eltern also doch lieber zweimal überlegen, bevor wir alles verteufeln, was mit Medien zu tun hat.

Kinder brauchen Medien

Mütter und Väter, die nicht merken, dass ihr Kind im Kinderwagen versucht, mit ihnen zu kommunizieren, weil sie dauernd am Handy hängen, kleine Kinder, die von früh bis spät vor Elektronik geparkt werden, oder Grundschulkinder, die schon die reinsten Fortnite-Profis sind – das ist mit Sicherheit kein sinnvoller Medienkonsum. Aber was spricht dagegen, wenn Kinder von Anfang an lernen, zum einen die Vorteile zu nutzen und zum anderen mögliche Gefahren zu erkennen? „Ganz ohne Handy oder Tablet geht es nicht in unserer digitalen Welt“, meint Christine Kiourkenidis,  Kinder- und Jugendpsychotherapeutin in Erlangen. „Ich halte es zum Beispiel nicht für zielführend, Kindern oder Jugendlichen die Handys ganz wegzunehmen.“ Schließlich ist es das Medium, über das sie mit ihrer Peergroup, den Gleichaltrigen, in Verbindung bleiben. Etwas enorm Wichtiges für die Entwicklung. Es brauche ein Gleichgewicht zwischen „erstens Freundschaften/Partnerschaft, zweitens Schule/Arbeit und drittens Hobbys/Freizeit, und dazu gehören eben auch die Medien. Wenn dieses Gleichgewicht nicht gegeben ist, wird man unzufrieden.“

Zocken

Natürlich kann man sich schon wundern, wenn der Teenager in seinem Zimmer rumtobt, schimpft wie ein Rohrspatz oder sogar auf den Schreibtisch hämmert – und einem direkt im Anschluss erzählt, dass diese „Runde am PC“ eine der besten war, die er und seine Kumpels je gespielt haben. Denn auch, wenn es aussieht wie unnötige Zeitverschwendung: Es ist ein Spiel, das sie gemeinsam spielen, das sie verbindet, auch wenn jeder in seiner Pubertätshöhle sitzt, das den Zusammenhalt stärkt, bei dem sie lernen, Konflikte auszutragen und sich zu versöhnen, und bei dem eben überschüssige Hormone auch mal ihren Weg nach draußen finden. Die Sicherheit des eigenen Zimmers lockt dabei sogar die Schüchternen aus der Reserve.

In Verbindung bleiben

Natürlich kann man Medienzeiten begrenzen, man sollte es auch, aber man sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass die Kids ziemlich schnell in der Lage sind, uns hier auszutricksen. Sie sind Digital Natives. Besser ist es doch, in Verbindung mit ihnen zu bleiben. Sich dafür zu interessieren, welche Spiele sie spielen. Und dann Regeln aufzustellen, die wirklich Sinn machen. Denn nichts ist frustrierender als mitten im Game mit den Kumpels zu sein, und dann geht die Kiste aus, obwohl es nur noch fünf Minuten gebraucht hätte, um zu gewinnen. Da ist das Theater vorprogrammiert.

Medienerziehung als Herausforderung

Medienerziehung ist nicht nur einer der größten Streitpunkte in Familien, sondern auch eine der größten Herausforderungen für Eltern heutzutage. Eine, der sie sich stellen sollten. Denn hier fehlt es uns am Vorbild. Wir brauchten keine Medienerziehung, wir hatten nämlich keine elektronischen Medien – bis auf Fernseher und Radio. „Während die Jüngsten scheinbar selbstverständlich in eine digitale Welt hineinwachsen, stehen Erwachsene vor der Herausforderung, die Medienkompetenz der Kinder zu fördern und gleichzeitig Schutz vor Risiken zu bieten“, so das Bundesfamilienministerium.

Übersetzt heißt das: Unser Nachwuchs muss lernen, das Internet für sich zu nutzen, muss fit gemacht werden, um sich in sozialen Netzwerken zu bewegen – und dabei Filterblasen, abgeschottete Informationswelten und Fake News zu erkennen. Er muss wissen, was zu tun ist, wenn es im Netz zu Schwierigkeiten wie Cybermobbing kommt, und welche Gefahren wo lauern. Und das sollten Kinder von uns Eltern lernen. Was voraussetzt, dass wir uns auseinandersetzen mit dem Angebot und dem, was unser Kind interessiert. Denn mit den richtigen Fähigkeiten im digitalen Raum ist dieser ein Segen und kein Fluch.

Text: Simone Blaß

Das bedeuten die Altersgrenzen bei digitalen Spielen:

Freigegeben ab 0: Familienfreundliche Spiele wie beispielsweise Geschicklichkeits- und Gesellschaftsspiele, Sportspiele, Jump & Run, Simulationen sowie klassische Adventures und einige Rollenspiele.

Freigegeben ab 6: Familienfreundliche Spiele, die bereits aufgrund höherer Spielgeschwindigkeit und komplexeren Spielaufgaben spannender und wettkampfbetonter ausfallen dürfen.

Freigegeben ab 12: Oft kampfbetontere Spielszenarien, die den Spielenden aufgrund ihres Kontexts Distanzierungsmöglichkeiten bieten (Arcade-, Strategie- und Rollenspiele sowie bereits einige militärische Simulationen).

Freigegeben ab 16: Spiele von bewaffneten Kämpfen mit einer Rahmenhandlung und militärischen Missionen, bei denen es auch zu Gewalthandlungen kommt (Action-Adventures, militärische Strategiespiele und Shooter).

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