Erfahrungswald der Sinne

5 Ideen für Euer Walderlebnis
Johann Mühlbauer

Manchmal joggen wir mittendurch und sind trotzdem nicht da – weil Kopfhörer im Ohr stecken oder der Kopf bei der Arbeit weilt. Wir sehen quasi den Wald vor lauter Bäumen (hier: Ablenkung) nicht. Erlebnis- und Wildpädagoge Johann Mühlbauer findet das schade. Er plädiert: geht spazieren und setzt dabei alle eure Sinne ein!

Wald erleben

Für Johann Mühlbauer ist Wald: „Bäume, weiches Moos, wenig Sonne, der Klang von Laub, wenn man drauf geht, verschiedene Gerüche.“ Der 44-Jährige ist seit seinem zweiten Lebensjahr blind, es gehört zu seinem Alltag, seine Umgebung über das Gehör, den Geruchs- oder Tastsinn zu erfassen. Auf dem Land in der Oberpfalz aufgewachsen, hatte er als Kind einen ganz unerschrockenen Bezug zu Wald und Flur. Als Erwachsener änderte sich das. Und er stellte fest, dass es vielen so ergeht. Sei es wegen Angst machenden Geschichten über Tollwut oder Fuchsbandwurm, oder einfach, weil der intensive Kontakt zur Natur irgendwann verloren ging. 

Mühlbauer begegnete der Entfremdung mit Wissen – durch Fortbildungen im Bereich Wildnis- und Erlebnispädagogik und aktive Outdoor-Erlebnisse. 2014 gründete er mit einem Freund in Nürnberg die Wildnisschule „Abenteuer Wildnis“ mit dem Ziel, Menschen die Natur wieder näherzubringen. Für ELMA hat er fünf Ideen, wie euer nächster Familien-Waldspaziergang zum intensiven Naturerlebnis wird. Und eine wichtige Bitte: „Macht euch bewusst, dass ihr einen Lebensraum für Lebewesen betretet. Man sollte sich genauso respektvoll verhalten, wie wenn man zu Besuch bei anderen Leuten ist. Da geht man ja auch nicht zur Tür rein und schreit rum.“

5 Erlebnis-Ideen für den Wald

Fährtenlesen
Eine Matschpfütze, und darin sind eindeutig Tierspuren zu sehen – ein Fall für Walddetektive! Was ist da passiert? Ist das Tier gerannt oder war es eher gemütlich unterwegs? Hat es Futter gesucht oder ist es geflohen?  Wer als Spürnase durch den Wald stromert, kann überall auf spannende Rätsel stoßen: umherliegende Federn, angeknabberte Tannenzapfen, vielleicht sogar ein Tierzahn …

Perspektivwechsel
Der Fuchs ist Meister im Anschleichen. Er setzt vorsichtig Fuß vor Fuß, so spürt er schnell, ob der Boden unter seinen Pfoten Geräusche macht und diese ihn verraten könnten. Probiert doch mal aus, barfuß in seine lautlose Rolle zu schlüpfen: erst die Zehenspitzen aufsetzen, über die Außenkante abrollen, und dann gaaanz sachte den ganzen Fuß. Oder ihr versetzt euch in die Lage von Fluchttieren, wie etwa Rehe. Sie brauchen vor allem gute Ohren, die in alle Richtungen auf Lauschangriff gehen. Für welches Tier wohl die Nase besonders wichtig ist?

O(h)rientierung
Eine kleine Gruppenübung mit Aha-Effekt. Guckt euch einen Punkt aus in etwa 40 Metern Entfernung, zum Beispiel eine Lichtung. Einem werden die Augen verbunden, die Aufgabe: geradeaus bis zum Ziel zu laufen. Und los! (Die anderen passen natürlich auf, dass derjenige nirgends dagegendotzt.) Hat er das Gefühl, am Ziel angekommen zu sein, wird die Augenbinde abgenommen. Ist er wirklich dort, wo er zu sein glaubt? Oder doch vom Weg abgekommen? Wahrscheinlich letzteres, was daran liegt, dass man ohne den Sehsinn schnell abdriftet, weil dem Gehirn wichtige Infos zur Position von Armen und Beinen fehlen, die es zur Orientierung braucht. Hilft es, sich bei einem zweiten Versuch noch mehr auf die Ohren zu verlassen?

Wald-Mandalas 
Natur-Mandalas sind ein super schönes und kreatives Familienprojekt. Zunächst müssen verschiedene Materialien gesammelt werden – Steine, Stöcke, Zapfen, Blätter, Bucheckern, Gräser – was der Waldboden so hergibt. Es empfiehlt sich, vor dem Gestalten des Kunstwerks eine ungefähre Größe abzustecken. Frei nach Fantasie, Lust und Laune wird mit den gesammelten Naturschätzen ein Rosettenmuster gelegt. Dabei kommen alle zur Ruhe, es fördert die Konzentration und ganz nebenbei auch die Feinmotorik.

Laubhütte bauen
Es ist durchaus erlaubt, sich im Wald einen Unterschlupf zu bauen – solange man dafür Totholz verwendet. Absolut tabu ist es, Äste abzubrechen, Rinde abzuschaben, Bäume anzubohren oder Nägel reinzuschlagen. Feuer machen ist übrigens auch verboten in deutschen Wäldern.

Text: Manuela Prill, ELMA #28, Titelthema Wald

Infos zu „Abenteuer Wildnis“
Die Schule bietet verschiedene Outdoor-Seminare, Workshops und Touren an, auch für Kinder, Jugendliche und Schulklassen. Schwerpunkt sind Aus- und Fortbildungen in Sachen Erlebnis-und Wildnispädagogik für jedermann.
>> abenteuer-wildnis.net

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