Hinfallen. Aufstehen. Krone richten. Weitergehen

Interview mit Oberbürgermeister Markus König
Oberbürgermeister Markus König

Marcus König ist seit 2020 Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg und findet sich manchmal im „Zentrum des Jammerns“ wieder. Wie macht man diesen Job – und wie bleibt man selbst dabei positiv? 

Lieber Herr König, die großen Ferien vorbei, plötzlich ist es Herbst und Weihnachten in denkbare Nähe gerückt. Ist das für Sie ein Grund zum Jammern?
OBM: Ja, das geht schon immer alles rasend schnell! Kaum kommt man zurück aus dem Urlaub und vom Strand, geht man einkaufen und stolpert über Domino-Steine und Nikoläuse. Ein Grund zu jammern ist das für mich aber nicht. 

Als OB sind Sie offiziell das „Oberhaupt der Verwaltung der Stadt Nürnberg“. Das klingt ganz anders als „Bürgermeister“. Inwiefern sind Sie eigentlich der „Meister der Bürger“?
OBM: Ich habe die große Ehre, die Verwaltung mit über 12.000 Mitarbeitenden anzuführen, Impulsgeber und Motivator zu sein und dafür zu sorgen, dass alle an einem Strang ziehen. Dabei habe ich aber immer die „Bürger-Brille“ auf und versuche, praktische Lösungen für die Probleme zu finden, die aus der Bürgerschaft an mich und die Verwaltung herangetragen werden. Ob mir das immer „meisterlich“ gelingt, müssen andere beurteilen – aber ich sehe mich da auf jeden Fall immer in einer dienenden Funktion und gebe mein Bestes für unsere Stadt und diejenigen, die in ihr leben. 

Die Straßen zu schmutzig, die Parkgebühren zu hoch, die Kitas zu wenig – mit welchen Sorgen treten die Menschen an Sie heran?
OBM: Mit genau diesen! (lacht) Nein – im Ernst: Die Menschen treten mit all ihren großen und kleinen Alltagssorgen an mich heran. Ich nehme das alles auf und versuche Lösungen zu finden, ich greife auch immer wieder zum Hörer und rufe einfach an, um über das zu sprechen, was diejenige oder denjenigen beschäftigt. Es kommen aber tolle Briefe oder E-Mails, in denen die Stadtverwaltung auch einfach mal gelobt wird! 

Können Sie die Sorgen der Menschen immer verstehen oder wundern Sie sich manchmal?
OBM: Sorgen sind ja etwas sehr individuelles und es hängt auch ein bisschen von der eigenen „Felldicke“ ab, wie sehr man etwas an sich heranlässt oder eben nicht. Aber klar, manchmal wundert man sich schon. Vor allem dann, wenn eben eine Sorge an mich herangetragen wird, bei der ich mir denke „Das kann man doch auch selber lösen“. Da sind manche schon ein wenig verwöhnt, erwarten das Rundum-Sorglos-Paket und wollen selbst keine Verantwortung mehr übernehmen oder auch mal ein Risiko eingehen. Bei uns am Kühlschrank hängt der Spruch „Hinfallen. Aufstehen. Krone richten. Weitergehen.“ Mit dieser Einstellung fahre ich sehr gut und kann sie wärmstens empfehlen.

Wann ist denn eine Sorge oder Befürchtung gerechtfertigt – und wo fängt „Jammern“ an? Was ist für Sie der Unterschied?
OBM: Wenn es Richtung Existenzsorgen geht oder wenn jemand vielleicht psychische Probleme hat, für deren Bewältigung er dringend Hilfe benötigt – das sind Ängste und Sorgen, die gerechtfertigt sind, die wir ernst nehmen und bei denen wir zu helfen versuchen wo es geht. Da bin ich auch sehr froh, dass wir in einem sozialen Land leben, in dem wir auf die Schwächeren schauen und Unterstützung anbieten. Jammern ist für mich, wenn jemand sich darüber beschwert, dass er jetzt wieder keinen kostenlosen Parkplatz in der Innenstadt gefunden hat und deshalb ist jetzt alles schlecht und die Stadt ist blöd. Das finde ich dann auch schade …

Jammern wir Bürger zu viel?
OBM: Ich glaube, dass der Franke generell nicht immer der positiv denkende Mensch ist, sondern das Glas schon auch oft als halbleer bezeichnet. Da bin ich anders. In Krisen oder schwierigen Situationen versuche ich immer, auch die Chancen zu sehen, die sich eröffnen. Ich bin von Grund auf Optimist – schon immer gewesen!

Was entgegnen Sie dem ewigen Chor der „Früher war alles besser“-Jammerer?
OBM: Da muss man ab und an aufzeigen, was früher alles war! Da war in den Nachrichten von ganz ähnlichen Problemen die Rede wie heute: Krieg, Krisen, Regierungsstreit. Jede Zeit hat Highlights und Lowlights. Man muss die Highlights nur schon auch sehen wollen.

Den ganzen Tag mit Weh und Ach anderer Menschen konfrontiert zu werden – wie viel Zündschnur bleibt da noch übrig für den privaten Familienalltag?
OBM: Wenn es mal ein richtig blöder Tag war, dann kann es sein, dass die Zündschnur kürzer ist. Das ist meiner Familie gegenüber natürlich ungerecht. Meistens gelingt es mir aber schon, trotz aller an mich herangetragener Probleme ausgeglichen zu sein, wenn ich nach Hause komme.

Füße kalt, Pudding aus, Lieblingssendung aus – manchmal ist echt alles doof. Wie jammert man sich als Familie zurück zur guten Laune? 
OBM: Wir spielen unfassbar gerne „Memory“ oder das Kartenspiel „Wizard“. Und wenn wir dann alle miteinander rund um den Tisch sitzen, dann sind Pudding und kalte Füße schnell vergessen.

Ihr guter Rat für Jammerlappen?
OBM: Immer versuchen, das Gute in allen Dingen zu sehen!

Interview: Katharina Wasmeier

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