Leg dich bloß nicht mit Zucker an

– der ist raffiniert!
Zuckerperlen, Zucker für Kinder

Interview: Simone Blaß, ELMA #14 Februar 2022

Zucker ist der Treibstoff fürs Gehirn, 140 Gramm Glucose braucht es allein für sich am Tag. Wir wollten von der Ärztin und Professorin für klinische und experimentelle Ernährungsmedizin, Yurdagül Zopf vom Universitätsklinikum Erlangen, wissen: Ist das dann ein Freibrief für Schleckermäuler?

Werden wir durch Zucker schlau?

Werden wir vom Zucker vielleicht sogar schlauer?
Nein, im Gegenteil. Eine hohe Zuckeraufnahme vermindert eher die Denkleistung, sowohl kurz- als auch langfristig. Wir werden unkonzentrierter.

ADHS wird immer wieder mit Zucker in Verbindung gebracht. Eltern berichten allgemein, dass ihre Kinder hibbelig werden, wenn sie zu viel Zucker essen. Ist da was dran?
Ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Zuckerkonsum und „Hibbeligkeit“ bis hin zu Hyperaktivität besteht, wurde in den letzten Jahren vermehrt erforscht, wobei die Studienlage dazu sehr heterogen ist und keine abschließende Einschätzung zulässt. Bei empfindlichen Kindern kann ein hoher Blutzuckerspiegel nach Zuckerkonsum einen Blutzuckerabfall nach sich ziehen. Dadurch kann es zu einer vorübergehenden Unterversorgung des Gehirns mit Glucose kommen, was wiederum zu Unruhe, Nervosität und Gereiztheit führt.

Allerdings, das muss man auch sagen, wird sehr viel Zucker vor allem in Situationen verspeist, die sowieso schon aufregend sind. Kindergeburtstag, Halloween, Fasching … Wäre es dann eine Lösung, den Zucker wieder durch Bewegung abzubauen? Und wenn ja, was müsste ich zum Beispiel tun, um 0,5 Liter Limo wieder „loszuwerden“?
Je intensiver die Bewegung, desto mehr Kohlenhydrate werden zur Energiegewinnung herangezogen. Um einen halben Liter Limonade abzubauen, müsste ein 70 kg schwerer Mensch eine gute Viertelstunde bei 12 km/h joggen.

Krank durch Zucker?

Diabetes wird auch „Zucker“ genannt. Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunreaktion, Diabetes Typ 2 allerdings wird mit Ernährungsfehlern in Zusammenhang gebracht.
Durch den erhöhten Fettanteil im Blut verändern sich die Rezeptoren für Insulin, so dass das Hormon nicht mehr so gut wirkt. Es wird weniger Glucose in die Körperzellen aufgenommen und der Blutzuckerspiegel steigt. Insulin ist also der Schlüssel, der die Tür aufschließt, durch die der Zucker aus dem Blut in die Körperzellen eintreten kann. Erst dann kann der Zucker zur Energiegewinnung genutzt werden.
Ein gesunder Lebensstil mit vollwertiger Ernährung, die pflanzenbasiert ist und gesunde Fette enthält, ausreichend Bewegung und Vermeidung von Übergewicht sind nicht nur in der Behandlung des Typ-2-Diabetes wichtige Bausteine, sondern auch bei der Vorbeugung.  

Dann bereite ich mich mal lieber auf die Kämpfe zuhause vor, wenn ich meinen Kindern sage, dass Zucker jetzt endgültig vom Speiseplan gestrichen werden muss.
Nein, keine Sorge: Ein Stück Schokolade zwischendurch darf ruhig mal sein.

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