Therapeut auf vier Pfoten

Tiergestützte Therapie für Kinder und Jugendliche

Text: Jasmin Pauler (Klinikum Nürnberg), ELMA #13, Dezember 2021

Die 15-jährige Anna hat einen neuen Freund: Er hat vier Pfoten, ein schwarzes Fell und eine feuchte Schnauze. Schäferhund „Wulf“ ist ein Suchhund, ein sogenannter Mantrailing-Hund. Bei ihm kann Anna ihre Sorgen vergessen und sich ihm anvertrauen. Die Termine mit „Wulf“ sind die Highlights in ihrem Therapieplan. „Selten sind die Kinder so pünktlich bei einer Therapiesitzung und so gut vorbereitet“, sagt Petra Supanta, Pflegerische Stationsleitung der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter. Sie ist eine der Initiatorinnen des Pilotprojekts.

Tiere haben eine positive Wirkung

Es ist schon lange bekannt, dass Tiere eine positive Wirkung auf uns Menschen haben. Hunde werden bereits in vielen Gesundheitsbereichen eingesetzt, beispielsweise in der Betreuung, in der Sozialarbeit und in der Pflege. Jeder Mensch und jedes Krankheitsbild ist jedoch anders und erfordert ein individuelles Vorgehen. Die Besonderheit im Klinikum Nürnberg: Je nach Bedarf und Krankheitsbild kommen unterschiedliche Hunde zum Einsatz. Oliver Ludwig, selbstständiger Hundetrainer, stimmt sich bei der Wahl des Therapiebegleithundes mit den Mitarbeitenden des Klinikums Nürnberg ab. „Nicht jeder Hund passt zu jedem Kind. Ist das Kind zurückhaltend und introvertiert, komme ich mit einem Hund, der in diese Atmosphäre passt“, erklärt der 35-Jährige. Hundetrainer Oliver Ludwig spricht sich im Vorfeld mit den Therapeuten ab. Er hat mehrere Hunde in seiner Kartei, die situativ je nach Krankheitsbild zum Einsatz kommen.

Tiere helfen auf vielen Ebenen.

Der tierische Einsatz stärkt das Selbstbewusstsein von Anna. In ihrer zweiten Therapiestunde gibt die 15-Jährige „Wulf“ bereits erste Kommandos. Im anschließenden Versteckspiel baut sich Vertrauen zwischen der jungen Patientin und dem Tier auf. Aber auch das Verhältnis zwischen den Patienten und den Klinikmitarbeitern wird positiv beeinflusst. „Wir beobachten, dass wir dank den Hunden einen deutlich besseren Zugang zu den Kindern und Jugendlichen hier auf der Station bekommen“, erklärt Supanta. So zum Beispiel auch bei dem 5-jährigen Luis. Gemeinsam mit einem Mitarbeiter hält er die Hundedame „Viesta“ an der Leine. Das ist für den zurückhaltenden 5-Jährigen ein großer Schritt. Er baut während der Therapie Empathie zur Mischlingshündin auf.

Das Tier als "Eisbrecher"

Anders ist das bei der 6-jährigen Julia. Sie ist sehr temperamentvoll und muss daher manchmal gebremst werden. Mischlingshündin „Viesta“ hat eine sehr beruhigende Wirkung auf die junge Patientin. Schon kleine Streicheleinheiten haben einen positiven Effekt. Während der tiergestützten Therapie fällt es ihr leichter, über ihre Gefühlezu sprechen. „Dank Viesta wird Julia ruhiger und kann sich länger konzentrieren. Das ist wichtig, wenn wir schwierige Themen ansprechen möchten“, sagt Andrea Balint, Leitende Psychologin in der Klinik. Die Hündin gibt Julia in dieser Situation Halt und wirkt wie ein Eisbrecher.

Die 15-jährige Felicitas lernt in der Therapie mit „Bruno“, sich zu öffnen und sich durchzusetzen. Normalerweise ist der Rüde ein Behindertenbegleithund. In einem Parcours gibt Felicitas dem braunen Golden Retriever erste Kommandos. Sie lernt sich auszudrücken und klar zu kommunizieren. „Der Hund hört und reagiert auf Felicitas. Jetzt ist sie der Chef“, reflektiert Balint die Situation. Die Erfahrungen und die Erfolgserlebnisse mit den Hunden sollen die jungen Patientinnen und Patienten in ihren Alltag übertragen, beispielsweise im sozialen Miteinander. „Für mich ist die tiergestützte Therapie ein echter Höhepunkt. Mir hilft sie wirklich sehr“, sagt Felicitas.

Die Kosten werden nicht übernommen.

Der Einsatz von Tieren in der Therapie ist in Deutschland nicht anerkannt. Die Krankenkassen übernehmen daher keine Kosten. Grundsätzlich müssen Betroffene solche Therapieformen selbst finanzieren. Das Klinikum Nürnberg möchte diese Therapie den Kindern und Jugendlichen trotzdem ermöglichen. In dem halbjährlichen Pilotprojekt wird dieses besondere
Angebot über Spendengelder finanziert. Die vorhandenen Gelder laufen zum Jahresende jedoch aus. „Unser erstes Resümee fällt sehr positiv aus“, sagt Dr. med. Andreas Beck, Oberarzt in der Klinik. Um das Angebot der tiergestützten Therapie aufrechtzuerhalten und den Patientenkreis zu erweitern, ist das Klinikum Nürnberg auf Spenden angewiesen.

So könnt ihr unterstützen:

Spendenkonto
IBAN: DE88 7605 0101 0013 3333 31
Sparkasse Nürnberg
Verwendungszweck „Tiergestützte Therapie“
oder direkt hier online spenden

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